In der Rubrik "Flurname der Woche" werden interessante, spannende, anregende, unterhaltsame, merkwürdige, fragwürdige, besondere, symptomatische ... Fälle aus dem sprachwissenschaftlichen Alltag herausgegriffen oder herausgerissen und einer breiteren Öffentlichkeit vor- und zur Diskussion gestellt.
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Flurnamen der Woche
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22. [KW 22 (26. Mai bis 1. Juni 2014)]
In seltenen Fällen ist auch bei genauer Kenntnis der örtlichen Gegebenheiten, schriftlicher Überlieferung bis ins Mittelalter und mundartlicher Aussprache keine eindeutige Deutung eines Flurnamens möglich. So ein Fall liegt vor bei "Wallensulz" in Unterschneidheim (Ostalbkreis), an der Gemarkungsgrenze zu Nordhausen >
Quelle:
LÖFFELAD, Peter: Die Flurnamen der Gemeinde Unterschneidheim, S. 199/200.
21. [KW 21 (19. bis 25. Mai 2014)]
Liegt es am Wetter? Oder ist es das Klima? Man weiß es nicht! Auf jeden Fall: Grillen im Ohr, Grillen im Kopf, Grillen in der Nase ... Grillen allerorten!
Bei den Flurnamen der Woche geht es in erster Linie um die Grillen auf dem Feld, die man selten sieht, aber derzeit so laut und grell (!) zirpen hört wie noch nie in unseren Gefilden.
Das Wort Grille (die -) geht zurück auf althochdeutsch grillo und ist möglicherweise von lateinisch grylllus entlehnt. Auf jeden Fall ist es lautmalend und mit dem Adjektiv 'grell' verwandt; in der Mundart findet man auch noch das Verb 'grillen' für "kreischen".
Das Insekt, wohl in der Regel die Feldgrille (Gryllus campestris), vielleicht auch die Zikade (Cicadella viridis), erscheint in Flurnamen wie "Grillenmahd", "Grillenburr" oder "Grillenbuck".
Dem Volksglauben nach verkündete das Zirpen der Grille im Haus Tod und Unheil.
In manchen Gegenden wurden auch die Protestanten von Katholiken als "Grillen" bezeichnet!
Der "Grillenbuck" auf der Gemarkung Zöbingen (Gemeinde Unterschneidheim, Ostalbkreis, Baden-Württemberg) kann seinen Namen aber auch einer Person mit dem Familiennamen Grill verdanken.
Die Große Maulwurfsgrille (Gryllotalpa vulgaris) wird im Schwäbischen "Werre" genannt. Aber nicht jede "Werrenwiese" hat ihren Namen von ihr; da muss man - wie immer - schon genau hinsehen ...
Der "Grill", auf dem gebraten wird, hat freilich mit den Insekten nichts zu tun: Das Wort erscheint erst im 20. Jahrhundert und ist aus dem neuenglischen 'grill' entlehnt, das auf französisch 'la grille' = Rost zurückgeht, welches wiederum im lateinischen Wort 'craticula', der Verkleinerungsform von 'cratis' = Flechtwerk, seinen Ursprung hat.
Quellen:
DUDEN, Etymolgie - Herkunftswörterbuch der deutschen Sprache, 1963, S. 235.
FISCHER, Hermann und Hermann PFLEIDERER: Schwäbisches Wörterbuch, Bd. III, Sp. 834/835 und Bd. VI/1, Sp. 719.
KLUGE, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, 1999, S. 338.
LÖFFELAD, Peter: Die Flurnamen der Gemeinde Unterschneidheim, 2002, S.
493.
20. [KW 20 (12. bis 18. Mai 2014)]
Am gestrigen Sonntag, dem 11. Mai, war Muttertag. Allen Müttern sei deshalb auch an dieser Stelle gedankt und gedacht.
Mutt, Mutti, Mutter - das findet man tatsächlich auch bei den Flurnamen, allerdings wohl selten für Frauen, die Kinder zur Welt gebracht haben (Mutter = lat. mater). Dieser Bedeutung am nächsten liegen noch die Flurnamen Bachmutter für das Bachbett und Hagmutter für die Einfriedung [vgl. BUCK, Oberdeutsches Flurnamenbuch, S. 187]; in diesen Fällen wird - wie auch bei der Schraubenmutter - etwas als Umfassendes, Umschließendes wie bei einer Gebärmutter verstanden [vgl. DUDEN, Etymologie, S. 458/459].
Häufiger liegt bei Flurnamen mit Mutt oder Mutter (Mott, Motten, Mottel, Mutten, Muttel o.ä.) aber eine ganz andere (nicht besonders schöne) Bedeutung zugrunde, nämlich Schlamm, Schmutz, Kot [vgl. KEINATH, Orts- und Flurnamen in Württemberg, S. 46] oder ein "Dünger aus verbrannter Moorerde, Wurzeln und Gestrüpp" [Flurnamenbuch Baden-Württemberg, S. 107]. [Entschuldigung, das ist wirklich nicht böse gemeint!]
Bei der letzten Aufnahmeaktion für den Flurnamenatlas Baden-Württemberg im Rahmen des Sonderprogramms 5 vor 12 zur Sicherung der mündlichen Flurnamenüberlieferung tauchte schließlich noch eine weitere besonders spannende Variante auf: Mutt, Mutten auf der Gemarkung Neuhengstett (Gemeinde Althengstett, Landkreis Calw), die Ende des 17. Jahrhunderts von Waldensern besiedelt wurde. Der Flurname ist deshalb wohl auch romanischen Ursprungs und geht vermutlich auf motta = Hügel zurück [FISCHER, Schwäbisches Wörterbuch, Bd. IV, Sp. 1848]. (Sprachliche Zusammenhänge mit mater, Mutter bestehen vermutlich und sind hier keine sexistische Anspielung!) An der genannten Stelle findet sich auch "Mutti (f.) = Maukennest" - das ist wiederum ein "Versteck für Obst udgl." [aaO. Sp. 1535].
Damit sind aber noch gar nicht alle Deutungsmöglichkeiten aufgelistet: Auch Muoti = Wodan oder Personennamen können bei Flurnamen namengebend gewesen sein [BUCK, S. 186 u. 183]; Mutt kann außerdem auch ein Maß (Scheffel) Getreide (< lat. modus) und eine entsprechende Abgabe bezeichnen [KEINATH, S. 148].
[Für eine korrekte Deutung muss man wie immer den konkreten Einzelfall genau untersuchen!]
19. [KW 19 (5. bis 11. Mai 2014)]
Am gestrigen Sonntag, dem 4. Mai, war das "Bärlauchfest" im Kloster Lorch (Ostalbkreis). Ein unglaublich schönes und angenehmes Fest mit wohlriechenden und wohlschmeckenden Spezialitäten sowie allerhand Kunstvollem. Im Mittelpunkt stand natürlich das Wildgewächs Bärlauch (Allium ursinum) mit dem unverkennbaren Duft und Geschmack. Unverwechselbar ist der Bärlauch allerdings nicht, denn man muss schon genau hinsehen und hinriechen, um ihn vor allem nicht mit dem - giftigen - Maiglöckchen (Convallaria majalis) zu verwechseln; beide gehören sie zu den Spargelgewächsen!
Auch bei den Flurnamen besteht höchste Verwechselungsgefahr. Beim Bestimmungswort kann entweder das Raubtier 'Bär' oder die Frucht 'Beere' oder auch der Eber, regional 'Ber' oder 'Bär' genannt, zugrunde liegen. Beim Grundwort gibt es noch mehr Variationsmöglichkeiten: 'Loh' (der, das -) für den kleinen lichten Wald, 'Loch' (das -) für eine Bodenvertiefung, 'Lach', 'Lache' (die -) für eine seichte Wasserstelle oder 'Lach', 'Lache' (die -) für ein Grenzzeichen und schließlich (selten) auch Lauch (der -) für die Gemüsepflanze.
Unterscheiden lassen sich diese äußerst ähnlich erscheinenden Namen nur, wenn man die originale mundartliche Aussprache kennt.
[Da ich gerade auf dem Sprung zu den nächsten ultimativen Terminen zur Sicherung der mundartlichen Flurnamenüberlieferung in Böblingen, Dagersheim und Althengstett bin, muss ich mich heute kurz fassen. An anderer Stelle dazu aber sicher bald mehr!]
Quelle:
LÖFFELAD, Peter: Die Flurnamen der Gemarkung Pfuhl und deren Bedeutung. In: Pfuhl 1244-1994, Neu-Ulm 1994, S. 187.
18. [KW 18 (28. April bis 4. Mai 2014)]
Der Mai kündigt sich an: Es gibt einige Flurnamen, die mit "Mai" beginnen, wie "Maiäcker" oder "Maiwiesen" oder "Maigesäß", aber nicht immer ist der "Wonnemonat" (eigentlich "Wunnemonat", von "Wunne" = Weide, weil dort früher das Vieh zum ersten Mal auf die Weide getrieben wurde)* Anlass für die Benennung:
Eine spannende Geschichte erzählt der Flurname "Elend" in Ulm an der Donau. Da die ursprüngliche Bedeutung "Ausland, Land außerhalb der Gemarkung oder Stadtmauer" (nicht etwa in der heutigen Lesart "Not" oder "Übel"!) verloren ging, wurde der Name zwischenzeitlich in "Mailand" umgedeutet; dann wurde er wegen der Lage am Ufer der Donau auch als "Anlände" (= Schiffsanlegestelle) gedeutet.
Der "Maiweg" in Bad Ditzenbach war in Wirklichkeit ursprünglich ein "Eichweg", also ein Weg in den Eichenwald. So ist man gelegentlich bei der Deutung von Flurnamen auf dem Holzweg ...
Quellen:
LÖFFELAD, PETER: Die Flurnamen der Stadt Ulm und deren Bedeutung, S. 32/33.
LÖFFELAD, Peter: Die Flurnamen der Gemeinde Bad Ditzenbach, S. 120.
*vgl. KLUGE, Etymologisches Wörterbuch, 1999, S. 897.
Der Monatsname "Mai" wurde übrigens nach dem römischen Gott Jupiter Maius benannt, der angeblich für das Wachstum verantwortlich war [vgl. KLUGE, S. 533].
17. [KW 17 (21. bis 27. April 2014)]
"Wie die Jünger am Ölberg ..." hieß es früher oft in der Schule, wenn wir erschöpft vom Unterricht in den Stühlen hingen. Dieses Bild geht natürlich auf die biblische Darstellung der Ostergeschichte zurück, als die Apostel nicht mit Jesus Christus in der letzten Nacht vor der Kreuzigung wach blieben, sondern kreuz und quer übereinander liegend im Garten Gethsemane am Ölberg (Olivenberg) bei Jerusalem einschliefen. Die Bibel und der christliche Glaube haben zweifellos einen großen Einfluss auf Kultur und Sprache und somit auch auf die Flurnamen, doch nicht alle Berge oder Hügel mit dem heutigen Namen "Ölberg" hießen ursprünglich auch so. Dies soll die folgende kleine Auswahl zeigen:
Der "Ölberg" in Schriesheim ist eigentlich ein "Ödelberg", also ein öder = nicht genutzter Berg.
Der "Große Ölberg" im Siebengebirge war dagegen zuerst ein "Malberg", also ein Berg mit einem Zeichen, Grenzzeichen o.ä.
Der "Ölberg" in Unterschneidheim (Gemarkung Nordhausen) scheint dagegen tatsächlich nach dem biblischen Vorbild benannt worden zu sein, wenngleich hier ältere historische Belege fehlen.
Quellen:
Die Flurnamen der Gemeinde Unterschneidheim, Seite 110
Die Flurnamen der Gemeinde Schriesheim, Seite 79.
"Großer Ölberg" > wikipedia
16. [KW 16 (14. bis 20. April 2014)]
Allen treuen Leserinnen und Lesern der Rubrik "Flurnamen der Woche" wünsche ich eine schöne Woche und angenehme Osterfeiertage - aber natürlich auch allen, die ganz neu dazu gestoßen sind!
Natürlich haben die Flurnamen dieser Woche auch etwas mit "Ostern" zu tun ...
Quelle:
LÖFFELAD, Peter: Das Ellwanger Flurnamebuch, Seiten 144 und 332/333.
15. [KW 15 (7. bis 13. April 2014)]
Ein häufiges Problem bei der Deutung von Flurnamen ist, dass es mehrere gleich oder ähnlich erscheinende Begriffe gibt, die als Wortursprung in Frage kommen. Schwierig bis unmöglich ist in vielen Fällen die Unterscheidung von "Espan", "Espach" und "Eschbach" bzw. "Aischbach". Hier gilt in besonderem Maße der Leitsatz, dass ohne genaue Kenntnis von Lage, Art, Gestalt, Mundart und historischer Überlieferung keine zweifelsfreie Flurnamendeutung möglich ist.
In der Sache sind dabei Espan, Espach und Eschbach eigentlich klar voneinander zu unterscheiden:
Damit nicht genug gibt es noch weitere Verwechslungsmöglichkeiten z.B. mit Eschach (das -) = Wald mit Eschen, Eschach (die -) = Bach mit Eschen (Fischen) oder an Eschen (Bäumen) oder Aisch (die -), Flussname mit vordeutschen Ursprung ("schnelles Wasser"). Esch (der -) ist außerdem die Bezeichnung für ein Flurdrittel in der Dreifelderwirtschaft. Und dergleichen mehr ...
Flurnamendeutung ist halt eine knifflige Angelegenheit. Das macht die Sache aber auch spannend und reizvoll!
Quellen:
LÖFFELAD, Peter: Die Flurnamen der Gemeinde Neuler (noch nicht veröffentlicht).
LÖFFELAD, Peter: Das Ellwanger Flurnamenbuch, Seite 97/98.
Literaturempfehlung:
BOHNENBERGER, Karl: Zu Brühl, Espan und Eschbach. In: Württ. Vierteljahreshefte zur Landesgeschichte. N.F. XXXIII, S. 302-305.
Vgl. auch Deutsches Rechtswörterbuch (online) >>>
14. [KW 14 (31. März bis 6. April 2014)]
Manchmal muss man auch ausruhen! Das galt auch schon früher. Wenn man (hauptsächlich aber frau) schwere Traglasten, die man bzw. frau meistens auf dem Kopf von einem Dorf zum anderen trug, absetzen musste/durfte, war eine steinerne "Gruhbank" sehr willkommen und hilfreich. Von "geruhen" kommt auch das schwäbische Wort "gruaba", neudeutsch so viel wie "chillen" oder "relaxen". Wie so eine Gruhbank aussieht zeigt das Beispiel aus Notzingen. Da die Gruhbank nicht zum Draufsitzen konstruiert war, sondern eben zum Abstellen der Traglasten vom Kopf, ist sie sichtlich höher und stabiler als etwa eine moderne Parkbank. Meistens findet man solche Gruhbänke an den Gemarkungsgrenzen oder an besonders hohen Stellen.
Wahrscheinlich kommt das weithin bekannte Ulmer "Ruhetal" auch von dem Wort "geruhen". Doch über die genauen Hintergründe wird sicher auch noch in ferner Zukunft gestritten werden:
Quelle:
Löffelad, Peter: Flurnamen der Stadt Ulm und deren Bedeutung, Seite 82-84.
13. [KW 13 (24. bis 30. März 2014)]
Flurnamen sind Jahrhunderte oder gar Jahrtausende alte Sprachdenkmäler. Manchmal beziehen sie sich auch auf "handfeste" Denkmäler oder Denkmale, insbesondere auf so genannte Kleindenkmale/Kleindenkmäler wie Feld-, Flur, Weg- oder Sühnekreuze (andernorts auch Mordsteine oder Marterl genannt). In manchen Fällen sind diese Kreuze noch erhalten, in anderen weist nur noch der Flurname auf deren frühere Existenz hin. Im Ortsteil Wellingen der Gemeinde Notzingen (Landkreis Esslingen) ist das steinerne Sühnekreuz noch zu bewundern; die alte Linde, die bei dem Kreuz über mehrere Jahrhunderte stand und "Kreuzlinde" genannt wurde, fiel allerdings 2009 bis auf den Stamm einem Sturm zum Opfer. In der nördlichen Nachbargemeinde Hochdorf (Landkreis Esslingen) kann man dagegen nur noch aufgrund des Flurnamens "Hohes Kreuz" annehmen, dass dort früher auch ein Kreuz gestanden hat. Näheres dazu ist bislang unbekannt ...
12. [KW 12 (17. bis 23. März 2014)]
„Veronika, der Lenz ist da!“ (Comedian Harmonists)
Am 20. März ist es dieses Jahr endlich auch offiziell: Frühlingsanfang! (Manche meinen ja schon inzwischen, der „meteorologische Frühlingsanfang“ sei der „echte“, doch das ist ja nur ein technischer Trick, um Daten leichter berechnen zu können. Aber das gehört ja eigentlich gar nicht hierher!)
Hauptsächlich aus der romantischen und romantisierenden Dichtung kennen wir nun auch den Lenz als älteren Namen des Frühlings; in manchen Mundarten finden wir ihn noch, in der Schweiz z.B. als „Langsi“ oder in Bayern als „Längess“ oder „Längsing“ [vgl. KLUGE, EtymologischesWörterbuch, S. 515; DUDEN, Etymologie, S. 400]. Das Wort Lenz (der-) geht [verkürzt dargestellt] zurück auf *lengzo, einer Wortbildung aus einem Adjektiv, aus dem das neuhochdeutsche Wort 'lang' wurde, und einem suffixartigen Wort für 'Tag'. Die Ursprüngsbedeutung war demnach „die Zeit der länger werdenden Tage“ [Kluge, S. 515 (s.o.)].
In Flurnamen kommt der Lenz in dieser Bedeutung nicht besonders häufig vor; wenn, dann sind es meistens jüngere Bildungen aus dem 19. Jahrhundert, wie bei der „Lenzhalde“ in Stuttgart [KEINATH, Orts- und Flurnamen in Württemberg, S. 177].
Einen spannenden, weil noch nicht eindeutig geklärten Fall, gibt es auf der Gemarkung Schrezheim in Ellwangen an der Jagst (Ostalbkreis), den „Lenzenbusch“. Auf den amtlichen Flurkarten (letzter Stand der Fortführung vor Einführungder ALK [= Automatisierte Liegenschaftskarte]) wurde die Schreibweise in „Linsenbusch“ (ohne gesicherte Grundlage) geändert.Vermutlich liegt bei dem Bestimmungswort Lenzen- hier aber der Personenname Lenz (in der schwachen Genitivform), die Kurzform des männlichen Taufnamens Lorenz (oder Leonhard?), zugrunde. Aus dem Vornamen wurde auch der Familienname Lenz, doch ob im Einzelfall – wie bei dem wohl bekanntesten Namensträger Siegfried LENZ oder seinem Schriftstellerkollegen Hermann LENZ – der Frühling oder ein Lorenz oder gar ein gleichlautender Ortsname [vgl. DUDEN, Familiennamen, S. 419] Pate stand, lässt sich – wenn überhaupt – nur durch intensive Ahnenforschungen nachweisen. Auch beim Lenzenbusch (oder Linsenbusch) ist eine sichere Deutung des Erstglieds (bislang) nicht möglich, weil keine archivalischen Belege vor der Württembergischen Landesvermessung von 1829 gefunden wurden; der frühere Besitzer wurde jedenfalls am Ort „Lenzenbauer“ genannt. Da die mundartliche Aussprache in dem ostschwäbischen Gebiet für die Hülsenfrucht Linse (die -) in der Mehrzahl „Lensa“ lautet, ist dies – ausnahmsweise – auch keine sichere Grundlage für die Namensdeutung; im mittelschwäbischen Bereich ist dies anders, denn da werden die Linsen im Volksmund „Laisa“ ausgesprochen [mit Nasalierung; auf Lautschrift wird hier aus technischen Gründen verzichtet]. Das Grundwort ist jedenfalls Busch (der -) für ein Gebüsch oder niederes Gehölz.
Ein ganz interessanter und wichtiger Fakt für die Klärung des Falls Lenzenbusch ist schließlich, dass dieser am Fuße des Längenbergs (auch „Lengenberg“ geschrieben, wie in den danach benannten Ortsteilen „Hinterlengenberg“ und „Vorderlengenberg“) gelegen ist. Womit wir wieder am Anfang wären[s.o.]!
Quelle:
Das Ellwanger Flurnamenbuch, S. 391/392 /Nr. 1269).
11. [KW 11 (10. bis 16. März 2014)]
Warum denn in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah?! *
Der Flurname der Woche kommt deshalb einmal aus meiner unmittelbaren Nachbarschaft, meiner neuen Heimat in Spraitbach im Naturpark Schwäbisch-Fränkischer Wald: "Beutengairen" so kann man auf den Wegweisern an den Wanderwegen des Schwäbischen Albvereins und den Beschilderungen der Waldabteile im Staatswald lesen. Dieser Wald liegt am westlichen Rand des Ostalbkreises an der Grenze zum Rems-Murr-Kreis; bis zur Gemeindereform von 1973 gehörte Spraitbach zum Kreis Schwäbisch Gmünd. Für Spraitbach wurden zwar noch keine Erhebungen für den "Flurnamenatlas Baden-Württemberg" gemacht (ich hoffe sehr, dass sich dies bald ändern wird), aber dennoch wage ich - auch ohne archivalische Beweise - eine vorläufige Deutung des Namens: Das Bestimmungswort Beuten- bezieht sich auf die ehemalige "Beutenmühle", die sich am Rand des Waldes "Beutengairen" am Reichenbach befand und dem Damm des Reichenbachstausees Ende der 1950er-Jahre weichen musste. Ein Bauernhof an der Ostseite des Sees trägt heute dafür den Namen "Beutenmühle" weiter. Westlich des Stausees auf einer Anhöhe nördlich des "Beutengairen", oberhalb der Feriensiedlung "Ochsenbusch" (wo ich mittlerweile wohne und arbeite), liegt außerdem der "Beutenhof".
Der Name "Beutenmühle" kommt von "Beutelmühle"; dies ist eine besondere Form der Mahlmühle, bei der das Mehl durch einen Wollsack, den "Beutel", geschüttelt und damit gereinigt und verfeinert wurde.
Das Grundwort "Gairen" lehnt sich an die hiesige mundartliche Aussprache - mit dem typischen Diphthong -ai- für mhd. ê (langer Vokal -e-) des alten Wortes "Ger"
mit der ursprünglichen Bedeutung 'Wurfspieß' (man kennt dies aus dem Stammesnamen der 'Germanen'), womit in Flurnamen spitz zulaufende (meistens schwer zu bearbeitende und geringwertig) Grundstücke benannt wurden. Die ganz korrekte Schreibweise nach den amtlichen Richtlinien wäre "Beutelgeren" (s. "Flurnamenbuch Baden-Württemberg", bearbeitet von Arno RUOFF, hrsg. vom Landesvermessungsamt Baden-Württemberg, Stuttgart 1993), doch wird sich dies kaum einheitlich durchsetzen lassen.
* Geflügeltes Wort in Anlehnung an den Vierzeiler "Erinnerung" von Johann Wolfgang von GOETHE:
„Willst du immer weiter schweifen?
Sieh, das Gute liegt so nah.
Lerne nur das Glück ergreifen,
Denn das Glück ist immer da.“
10. [KW 10 (3. bis 9. März 2014)]
Wichtiger als Karneval, Fasnacht oder Fasching ist für mich nun die Herausgabe des neuen Bandes in der Reihe "Flurnamen Baden-Württemberg" über die Flurnamen der Gemeinde Hochdorf im Landkreis Esslingen, aus dem ich bereits verschiedene spannende Beispiele vorgestellt habe und der nun in Bälde erscheinen soll. Hier ballen sich offenbar in besonderem Maße knifflige Fälle! So wie das "Hängenloh" bzw. "Hägenloh", in dem mehrere gleich oder ähnliche klingende Wörter versteckt, verdreht und miteinander verwoben sind. Dach was ist des Pudels Kern? Das ist hier die Frage!
Quellen:
Peter LÖFFELAD: Die Flurnamen der Gemeinde Hochdorf, Spraitbach 2014 (Flurnamen Baden-Württemberg, Band 9. [Im Erscheinen.]
Toppgraphische Karte 1:25.000, Landesvermessungsamt Baden-Württemberg 2006.
9. [KW 9 (24. Februar bis 2. März 2014)]
Im Gebiet der ehemaligen Fürstpropstei Ellwangen - von Bühlertann bis Wasseralfingen - feiert man diese Woche den "Gumpendonnerstag" (andernorts auch gompiger Donn(er)schdig oder schmotziger Donnschdig [von Schmotz = Fett!] genannt). An diesem Tag beginnt die traditionelle Fasnacht [sic!]*. Hat dies etwas mit den Flurnamen "Gumpen", "Gumpenholz", "Gumpenweiher" und "Gumpenwiesen", die man auch auf den Ellwanger Gemarkungen Pfahlheim, Rindelbach und Röhlingen antrifft, zu tun? Die Antwort lautet: Ja, vielleicht oder nein, aber!
"Gump, Gumpen (der -)" ist bei den genannten Flurnamen die Bezeichnung für eine "tiefe Stelle mit stehendem oder fließendem Wasser" [Flurnamenbuch Baden-Württemberg, S. 73], während der "Gumpendonnerstag" vom Verb "gumpen" = "springen, hüpfen, lustige, tolle, aber unschöne Sprünge machen" [FISCHER, Schwäbisches Wörterbuch, Bd. III, Sp. 922] kommt.
Besteht nun ein direkter Zusammenhang zwischen "springen" und einem "tiefen Wasserloch"? Eine eindeutige Klärung steht noch aus [vgl. KLUGE: Etymologisches Wörterbuch, S. 343].
[Da der Gumpendonnerstag in der Familiengeschichte eine wesentliche Rolle spielt, werden wir dieses Jahr auch wieder springen, hüpfen etc. <:-)]
Quelle:
LÖFFELAD, Peter: Das Ellwanger Flurnamenbuch, S. 106/107 und S. 294/295.
* "Fasnacht" kommt m.E. ursprünglich nicht von "fasten", sondern von mhd. vasen = wachsen, gedeihen. "Fastnacht" ist demnach eine sog. Sekundärmotivation durch den Einfluss der christlichen Kirche, welche die vorgefundenen Fruchtbarkeitsfeste umdeutete. Die Mundarten liefern auch hier wieder den Schlüssel für die "richtige" = ursprüngliche Bedeutung.
8. [KW 8 (17. bis 23. Februar 2014)]
In der bald erscheinenden neuen Publikation in der Reihe "Flurnamen Baden-Württemberg" für die Gemeinde Hochdorf im Landkreis Esslingen kommt auch der Flurname "Reusch" vor, auf den auch schon im Jahr 2013 hingewiesen wurde. Die Bedeutung geht auf das mittelnieder- und mittelhochdeutsche Wort rusch, rusche (lateinisch ruscus) zurück, das für verschiedene Arten von Sumpfgräsern wie die Binse verwendet wurde. Der Flurname kommt in mehreren Laut- und Schreibvarianten wie Rusch, Rüsche, Reusch und Riesch im gesamten deutschen Sprachraum vor und wurde als "Wohnstättenname" auch auf Personen, die in sumpfigen Gegenden wohnten, übertragen. Der Familienname RIESCH, wie er bei derzeit wohl bekanntesten Namensträgerin, der mehrfachen Olympiasiegerin im alpinen Schilauf Maria HÖFL-RIESCH vorkommt, kann dabei u.a. auch auf eine Koseform des männlichen Taufnamens Rudolf [< hruod = Ruhm + wolf] zurückgehen. Es gilt hierbei wie immer: Eine zweifelsfreie Deutung eines Namens kann man nur erhalten, wenn man die genaue geographische Herkunft und die historischen Schreibweisen kennt und wenn man die originale Mundartform berücksichtigt!
Quellen:
Peter LÖFFELAD: Die Flurnamen der Gemeinde Hochdorf. (Im Erscheinen.)
DUDEN, Familiennamen, Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich 2000.Seite 539 und 560.
7. [KW 7 (10. bis 16. Februar 2014)]
Der Schauspieler Matthias SCHWEIGHÖFER ist ja derzeit in aller Munde und wegen seiner Promotiontour zu seinem neuen Film "Vaterfreuden" (der mit dem Frettchen!) omnipräsent. Er erscheint dabei alles andere als schweigsam, und wenn man seinen Familiennamen genauer betrachtet, wird schnell klar, dass dieser nichts mit dem Schweigen (der Lämmer oder des Waldes) zu tun. Und besteht da möglicherweise eine Verbindung mit Til SCHWEIGER? Der Verdacht liegt nahe!
SCHWEIGHÖFER ist jedenfalls eine Herkunftsbezeichnung für einen, der von einem Ort namens Schweighofen kommt; einen solchen gibt es z.B. in Rheinland-Pfalz. Hofen ist die alte Mehrzahlform von Hof (der -) für ein landwirtschaftliches Anwesen und ein Schweighof ist nichts anderes als eine Sennerei, also ein Hof mit Viehhaltung und Milchverarbeitung; in der Schreibweise Schwaighof findet man diesen zahlreich, vor allem in Bayern und Tirol (es gibt aber auch ein Schweighausen zwischen Ellwangen und Jagstzell im Ostalbkreis, Baden-Württemberg); nur als Beispiel habe ich den heutigen Stadtteil Schwaighofen der Stadt Neu-Ulm an der Donau in Schwaben (Freistaat Bayern) ausgewählt. Schweig- oder Schwaig- geht nämlich zurück auf das mittelhochdeutsche [mhd.] Wort sweige (die -) = Rinderherde; Viehhof, Sennerei und dazugehöriger Weideplatz [LEXER, Mittelhochdeutsches Taschenwörterbuch, 1992, S. 221]. Die alte Schreibweise mit -ai- in Orts- und Flurnamen drückt dabei den Unterschied in der Herkunft zu dem Wort schweigen (< mhd. swîgen = verstummen) aus, der vor allem in der mundartlicher Aussprache des Lautes zutage tritt. In der Mundart hört man eben noch klar und deutlich den Unterschied zwischen Wörtern, die im Mittelhochdeutschen ein langes i (-î-) hatten und erst beim Übergang in das Neuhochdeutsche einen Zwielaut (Diphthong) erhielten, und solchen, die bereits im Mittelhochdetschen den Diphthong -ei- aufwiesen, wie weit (< mhd. wît) und breit (< mhd. breit).
In der heutigen Hochsprache (Bühnenaussprache) wurde dieser etymologische Unterschied nivelliert und auch in der Rechtschreibung Anfang des 20. Jahrhunderts (Stichwort DUDEN!) getilgt, so dass es in der deutschen Schriftsprache eben nur noch -ei- gibt und kein -ai- (bis auf wenige Ausnahmen wie Kaiser und Lehnwörter). Die amtliche Schreibweise der Ortsnamen wurde belassen, mit den Flurnamen wurde und wird in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich verfahren.
Für die richtige Deutung von Flurnamen ist dieser Unterschied in der mundartlichen Aussprache von herausragender Bedeutung, denn häufig fallen vollkommen unterschiedliche Wörter in der Schreibweise zusammen.
Zum Schluss: Was bedeutet das nun für Til SCHWEIGER? Dessen Familienname kann a) wie bei SCHWEIGHÖFER von mhd. sweige = Sennerei kommen - Schweiger wäre dann der Eigentümer, Pächter oder auch Knecht einer Schweige, der den Käse herstellt, oder b) von mhd. sweiger (der -) < mhd. sweigen (schwaches Verb) = zum Schweigen bringen - für einen, der die Menschen verlockt [LEXER, S. 221] oder c) von mhd. swîger < swîgen (starkes Verb) = schweigen, verstummen - für einen besonders stillen Menschen oder scgließlich d) vom deutschen Rufnamen Swindger (swind + gêr), von dem es viele Ableitungen (von Schweighard bis Schweiger u.ä.) gibt [vgl. DUDEN, Familiennamen, S. 607].
Eine eindeutige Antwort kann man nur erhalten, wenn man die genaue Herkunft kennt und wenn man die originale Mundartform berücksichtigt! (Dies gilt generell bei der Deutung von Namen!)
Quellen:
Fotos: Matthias SCHWEIGHÖFER > facebook.com/matthias.schweighoefer
Karte: LÖFFELAD, Peter: Stadt Neu Ulm. Die Flurnamen. Neu-Ulm 1995.
DUDEN, Familiennamen, Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich 2000.
LEXER, Matthias: Mittelhochdeutsches Taschenwörterbuch, Stuttgart 1992 (38. Aufl.).
6. [KW 6 (3. bis 9. Februar 2014)]
Der Super Bowl beim American Football war Anlass und Herausforderung für mich, einen passenden Flurnamen für diese Woche aus dem Fundus auszuwählen. Nach langem Hin und Her (wer es im Fernsehen gesehen hat, weiß, was ich meine) habe ich mich für Flurnamen, in denen "Hand" vorkommt, entschieden - nicht nur aufgrund meiner persönlichen Vorliebe für Handball, sondern weil beim "Football" weder mit einem Ball im eigentlichen Sinne, noch vorwiegend mit dem Fuß gespielt wird ...
Die Wahl fiel schließlich auf zwei markante und unterschiedliche Beispiele: "Bei der Hand" in Neu-Ulm an der Donau (Bayern) und den "Handwald" in Rindelbach, Stadt Ellwangen an der Jagst (Ostalbkreis, Baden-Württemberg) >
Quellen:
Stadt Neu-Ulm. Die Flurnamen, Seite 29.
Das Ellwanger Flurnamenbuch, Seite 202.
5. [KW 5 (27. Januar bis 2. Februar 2014)]
Bei meinem Vortrag letzte Woche in Dornstetten bin ich auch kurz auf den für den Ortsteil Hallwangen überlieferten Flurnamen "Hurenbrunnen" (auch "Hurenbronnen" oder "Hurrenbronnen") eingegangen. An diesem Beispiel wollte ich aufzeigen, dass nicht alles so ist, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag. Bei jedem konkreten Einzelfall müssen immer alle notwendigen Einzelheiten in Bezug auf 1. Gelände, 2. Sprache und 3. Geschichte bekannt sein, bevor man sich an eine Deutung heranwagen darf. Im Heimatbuch von Hallwangen wird beschrieben, dass sich beim "Hurenbrunnen" die Nonnen von Engeltal mit den Mönchen von Reichenbach getroffen hätten [MUTSCHLER, S. 34]. Einen "Hurenbrunnen" findet man auch an anderen Orten, z.B. in Heidelberg oder Heilbronn. Dort wird der Name mit einer Herkunft von Hor = Sumpf, Kot erklärt [vgl. KEINATH, S. 46].
Mir fiel in diesem Zusammenhang auch der "Urenbrunnen" auf der Gemarkung Oberflacht (Gemeinde Seitingen-Oberflacht) im Landkreis Tuttlingen ein, für den es auch noch keine abschließende Deutung gibt, da die historischen Belege noch nicht erfasst wurden. Es bleibt also nach wie vor spannend!
4. [KW 4 (20. bis 26. Januar 2014)]
Die "Alen", später "Alenwiesen" liegen in einer Bachbiegung des oberen "Talbachs" (in neuerer Zeit auch "Köhlerbach" genannt) auf der Gemarkung Hochdorf im Landkreis Esslingen. Der Flurname kann auf eine heilige Stätte hinweisen, aber auch lediglich für einen Winkel im Gelände stehen; gesicherte Nachweise für eine vor- oder frühgeschichtliche Kultstätte an diesem Ort gibt es bislang ansonsten keine. Häufig kommt Al- (und Ar-) auch in Gewässernamen vor und bedeutet dort einfach "fließendes Wasser"; das wäre bei unserem Fall zweifellos auch möglich und naheliegend.
Das Beispiel aus der in Kürze erscheinenden Publikation zeigt außerdem schön, wie kleine Lautunterschiede zu deutlich unterschiedlichen Deutungen führen, denn mit dem Ortsnamen "Aalen" im Ostalbkreis besteht sicher kein Zusammenhang, auch wenn das auf den ersten Blick so scheinen mag:
3. [KW 3 (13. bis 19. Januar 2014)]
Auf einer Karte vom so genannten "Gefahrengebiet" bzw. den "Gefahreninseln" in der Hansestadt Hamburg fiel mir ein Straßennamen auf, der mir irgendwie fremd vorkam, mich aber dann doch an Flurnamen in Baden-Württemberg - und einige andere Namen - erinnerte: "Palmaille" >>>
Und in der Tat gehen die Flurnamen "Balle Malle" zwischen Stuttgart und Ludwigsburg, "Pall Mall" in London (und auch die gleichnamige amerikanische Zigarettenfirma), die "Maille" in Esslingen (in der Nähe des Vermessungsamtes, wo ich häufiger zu tun habe), schließlich alle Einkaufszentren mit der Bezeichnung "Mall" u.v.a. ursprünglich auf "pallamaglio" bzw. "palla di maglio" (übersetzt = Holzhammerball), in Frankreich auch "Paille-Maille" genannt, ein aus Italien stammendes Ballspiel, das im 17. und 18. Jahrhundert im höfischen Bereich auf langen, geraden, ebenen und von Bäumen (meistens Pappeln) gesäumten Bahnen gespielt wurde. Ähnlich wie beim "Croquet" muss dabei ein Ball oder eine Kugel mit einem Holzschläger durch einen kleinen Bogen, der im Boden steckt, mit möglichst wenigen Schlägen getrieben werden (Näheres bei wikipedia >>>).
Quelle:
KEINATH, Walther: Die Orts- und Flurnanamen in Württemberg, Stuttgart 1951, Seite 175.
Fotos: wikipedia
2. [KW 2 (6. bis 12. Januar 2014)]
Zu Ehren der Heiligen Drei Könige, denen am 6. Januar in der christlichen Kirche gedacht wird, wäre es naheliegend gewesen, Toponyme wie "Königsberg", "Königsfeld", "Königstuhl" oder "Königsweg" für den Flurnamen der Woche auszuwählen, doch irgendwie - war es Zufall oder nicht? - erschien mir bei der Suche nach einem geeigneten Beispiel am "Erscheinungsfest" (Epiphanie, Epiphanias) der mündlich überlieferte Flurname "Bettelbaum", der von mir im Jahr 2011 bei der "Grunderhebung" der Gemarkung Weissach (Gemeinde Weissach-Flacht, Landkreis Böblingen) erfasst wurde und mir (ohne bösen Willen) interessanter erschien:
Anmerkung: Es handelt sich noch um keine abschließende Deutung, da bis dato keine archivalischen Belege für Weissach-Flacht erfasst wurden.
1. [KW 1 (30. Dezember 2013 bis 5. Januar 2014)]
Der Beginn eines neuen Jahres ist immer ein guter Anlass für Veränderungen, um das Alte hinter sich zu lassen und Neues zu beginnen. Dies soll auch durch den ersten Flurnamen der Woche im Jahr 2014 versinnbildlicht werden, denn dieser lautet "Neubrüche". Das Beispiel stammt aus Walxheim (Gemeinde Unterschneidheim, Ostalbkreis):
43. KW 53 (30. Dezember 2013 bis 5. Januar 2014)
Nach den Gänsen zu Weihnachten gibt es traditionell zu Silvester Karpfen. Zum Flurnamen der Woche wurde deshalb der gleichnamige Berg im Landkreis Tuttlingen ausgewählt. Diese markante runde Bodenerhebung, auf der sich früher eine Burg befand (erhalten sind nur wenige unbedeutende Reste), thront majestätisch über Seitingen-Oberflacht und man genießt von der Terrasse des Hotels auf der Anhöhe eine herrliche, freie Aussicht auf die gesamte Ort- und Landschaft, der Berg selber gehört aber zur Gemarkung Hausen ob Verena (was die Seitinger bis heute bedauern).
Der Name "Karpfen" kommt jedoch nicht von dem Fisch, sondern hat andere Wurzeln: Archivalisch belegt sind die ältesten Schreibformen de Calphe (1086) und Kalphen (1100) [FISCHER, Schwäbisches Wörterbuch, Bd. IV, Sp. 230]. BUCK [Oberdeutsches Flurnamenbuch, S. 131] geht von einer vordeutschen Herkunft aus und deutet - nach gälisch calbh - "Kalpfen" schlicht als "Berg".
Meiner Ansicht nach müsste man bei "Karpfen" eher wie beim Ortsnamen Calw (gesprochen: Kalb!) eher an eine Benennung nach mittelhochdeutsch kal, kalwes = kahl für "nackte, baumfreie, sich scharf abhebende Geländeteile" [KEINATH, Orts- und Flurnamen in Württemberg, S. 38] denken. [Vgl. auch "Flurname der Woche" Nr. 40, KW 50!].